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Hinweis: der Leitfaden EPUB3-E-Books der Arbeitsgruppe EPUB in der Taskforce Barrierefreiheit bildet den technischen Stand von Januar 2022 ab. Darin enthaltene technische Empfehlungen zur Erstellung barrierefreier E-Books sind nicht immer deckungsgleich mit den aktuellen Prüfroutinen von Ace für barrierefreie E-Books im Format EPUB. Ace erfährt eine fortwährende Aktualisierung und prüft auf Basis von Änderungen an den entsprechenden Richtlinien der zuständigen Gremien, auch wenn diese noch nicht final verabschiedet sind. Es kann daher bei automatisierter Prüfung selbst dann zu Warnhinweisen kommen, wenn alle Empfehlungen des Leitfadens korrekt umgesetzt wurden. Die Taskforce Barrierefreiheit ist darum bemüht, in ihren Leitfäden den jeweils aktuellen Stand final verabschiedeter Richtlinien abzubilden. Zwischenzeitliche Diskussionsstände müssen leider unberücksichtigt bleiben.
Einleitung
Dieser Leitfaden wurde verfasst, um bei der Erstellung bzw. Bearbeitung barrierefreier E-Books Klarheit und Abhilfe zu schaffen. Dazu wird eingangs zunächst auf die Zielgruppen barrierefreier E-Books und ihre Bedürfnisse eingegangen. Anschließend werden in niedrigschwelliger Form die neuralgischen Punkte von barrierefreien Publikationen adressiert, bevor es im Teil Barrierefreie Epub-Dateien in der Praxis in Kombination mit Code-Beispielen dann rein um die technische Umsetzung geht. Eine Übersicht von Links, Ressourcen und Tools rundet diesen Leitfaden ab.
Um die konkreten Probleme und Lösungen für die einzelnen Usecases zu definieren, ist es im ersten Schritt notwendig, die Zielgruppe zu beschreiben, die mit den digitalen Büchern in Berührung kommen wird.
Die Annahme, dass Barrierefreiheit in digitalen Dokumenten nur für Menschen mit Behinderung oder im fortgeschrittenen Alter notwendig ist, ist weit verbreitet. Allerdings entstehen gerade bei der Entwicklung von digitalen Publikationen unbewusst Barrieren, die auch Benutzer ohne körperliches Handicap betreffen können und damit „situativ behindert“ machen.
Die wohl prominenteste Gruppe stellen die blinden und sehbehinderten Menschen dar, die keine bzw. kaum visuelle Inhalte wahrnehmen können. In der Realität existieren jedoch weitaus mehr Personenkreise, die von barrierefreien Dokumenten profitieren können. Publikationen, die nach der Maßgabe von Gestaltungskriterien auf Grundlage der Barrierefreiheit erstellt werden, sind oft auch bessere Dokumente für alle Leser, obwohl bei der Erstellung der Anforderungen nur auf einen kleinen Teil der Nutzer besondere Rücksicht genommen wurde.
Auch Menschen, die keine offensichtliche Behinderung bzw. Beeinträchtigung haben, können ebenso von optimierten digitalen Produkten profitieren. Deshalb ist es sinnvoll, wenn Entwickler und Designer sich bereits vor der Erstellung eines E-Books die Frage stellen, wie das Produkt optimiert werden kann, um allen Benutzern eine vereinfachte Bedienbarkeit und Nutzung zu ermöglichen. Dies hat zur Folge, dass mehr potenzielle Nutzer erreicht bzw. bedient werden können und sich somit ein höheres Umsatzpotenzial ergeben kann.
Arten von Einschränkungen
Je nach Einschränkung werden unterschiedliche Anforderungen an die Zugänglichkeit der E-Books sowie deren Inhalte und Aufbereitung gestellt. Dabei gibt es fünf verschiedene Arten der Nutzung von Inhalten: die Wahrnehmung, die Orientierung, die Navigation, die Steuerung und die Eingabe. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Einschränkungen können die Zielgruppen grob wie folgt eingeteilt werden:
- Akustische Einschränkungen liegen meist durch eine immer stärker werdende Taubheit im Laufe des Alters oder bereits von Geburt an vor. Ebenso können laute Umgebungsgeräusche wie Straßenlärm, Menschenmengen oder Musik das Hörvermögen beeinflussen und eine uneingeschränkte Wahrnehmung von Inhalten verschlechtern oder gar verhindern. Diese Barriere lässt sich am besten durch Untertitel bei Videoinhalten oder das Nutzen von Kopfhörern auflösen.
- Visuelle Barrieren können durch eine Vielzahl von Problemen entstehen. Einerseits durch schlechte Lichtverhältnisse, wie Sonneneinstrahlung oder zu geringe Beleuchtung des Bildschirms. Andererseits aber auch aufgrund von Müdigkeit, abnehmender Sehstärke im Alter, kontrastarmen Inhalten, zu kleiner Schrift oder durch andere Arten von Seheinschränkung oder Blindheit. Um diese Barrieren zu umgehen, sollte beispielsweise Wert auf kontrastreiche Farben, skalierbare Schriften und alternative Wege der Informationsaufnahme (z. B. Alternativtext bei Bildern) gelegt werden.
- Motorische Einschränkungen können aufgrund von zitternden Händen durch Krankheiten (Tremor, Parkinson, …) oder Platzmangel (Enge in öffentlichen Verkehrsmitteln) entstehen und die Navigation durch Dokumente erschweren. Hier sollte eine alternative Bedienung und durchstrukturierte Navigation Priorität haben. Klein gehaltene Elemente, wie Fußnoten, zielgenau anzuwählen, stellt für einen Tremor-betroffenen Menschen auf dem Smartphone-Display eine große Hürde dar.
- Bei der uneingeschränkten Nutzung von Inhalten sollte ebenso auf Menschen mit Sprach- oder Lesebehinderungen eingegangen werden. An Dyslexie oder Analphabetismus Leidende benötigen eine andere Schriftart oder Bilder, die den Text ergänzen. Hierfür besitzen die meisten E-Book-Reader bereits die Schriftart Open Dyslexic in ihrer Schriftartenbibliothek, die die Leseerfahrung von Legastheniker*innen seit Jahren erleichtert. Bei dieser Schriftart ist die untere Buchstabenhälfte etwas dicker und dunkler als der Rest des Schriftbildes. Dadurch können die einzelnen Zeichen besser erkannt und unterschieden werden.
- Unabhängig von den Einschränkungen der Konsumierenden stellen auch die Geräte selbst ein großes Potenzial an möglichen Problemen dar. Veraltete und nicht mehr unterstützte Software, ebenso wie ein gesprungenes Display oder eine schlechte Auflösung können eine große Barriere für die uneingeschränkte Zugänglichkeit sein. Hier sollte auf eine laufende Aktualisierung der Software geachtet und nach Bedarf auf neuere, besser ausgestattete Geräte gewechselt werden.
Zielgruppen und Nutzerbedürfnisse
Nachdem die Zielgruppen anhand ihrer Einschränkungen bereits grob unterteilt wurden, werden in der folgenden Tabelle die eingeschränkten Nutzer*innen weiter differenziert und die jeweiligen Bedürfnisse bei barrierefreien E-Books aufgezählt. Da die Nutzungsbedürfnisse nicht für jede Zielgruppe gleich sind, sollte immer mitbedacht werden, von welchen Personengruppen das zu erstellende E-Book genutzt werden wird.
Zielgruppe |
Nutzerbedürfnis |
Alle Nutzer |
|
Menschen mit Autismus |
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Blinde und sehbehinderte Menschen |
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Menschen mit Farbblindheit / Farbfehlsichtigkeit |
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Taube und Schwerhörige |
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Menschen mit Dyslexie / Dyskalkulie |
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Menschen mit Epilepsie
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Menschen mit Sehschwäche |
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Menschen mit körperlichen oder motorischen Einschränkungen |
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Viele der Features und Funktionen, die für barrierefreie Content-Nutzung notwendig sind, werden von EPUB-Readern, Screenreadern und anderen assistiven Anwendungen bereitgestellt. Damit diese Funktionen aber ausgeführt werden können und der Content zugänglich wird, müssen wir bei der Erstellung von EPUB-E-Books die dazu notwendigen Konventionen beachten und entsprechende Datenstrukturen bereitstellen. Leider ist selbst dann noch nicht sichergestellt, dass die Werke wirklich nutzbar sind, da einige der vorhandenen Hilfstechnologien bei E-Books immer noch nur unzureichend funktionieren. Es ist jedoch anzunehmen, dass die im European Accessibility Act festgelegten Bestimmungen zu einer Verbesserung der assistiven Technologien führen werden und somit das technisch angelegte Potenzial barrierefreier E-Books künftig immer besser genutzt werden kann.