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Altstädter Bücherstuben
So schnell kann´s gehen – Von der Auszubildenden zur Chefin
Osnabrück ist eine rund 160.000 Einwohner*innen fassende Stadt in Niedersachsen mit einem großen Einzugsgebiet. Als „Friedensstadt“ bietet sie touristisches Potential. Es gibt verschiedene Buchhandlungen in Osnabrück, die Altstädter Bücherstuben liegen direkt in der Altstadt im „Kunstquartier“ der Stadt. Das Sortiment ist entsprechend auf Kunst, Belletristik und Kinderbuch ausgerichtet. Das Büchergildeangebot rundet das Sortiment ab. Susanna Reinhardt hat in den Bücherstuben gelernt und zum 1. Januar 2022 das Unternehmen von der Altinhaberin übernommen. Mit ihr sprach der Landesverband Nord.
Frau Reinhardt, Sie haben die Altstädter Bücherstuben übernommen, was hat Sie bewogen diesen Schritt zu gehen?
Da die vorherige Inhaberin durch private Umstände die Altstädter Bücherstuben abgeben wollte und wir schon des Öfteren darüber sprachen, dass ich durch meine zusätzliche Ausbildung zur Betriebswirtin und die langjährige Erfahrung im Betrieb beste Voraussetzungen hätte, stimmte ich der Übernahme zu. Allerdings habe ich viele Überlegungen im Vorhinein angestellt, Chancen und Risiken gegenübergestellt, Stärken und Schwächen analysiert und im Endeffekt haben mich viele Dinge zu diesem Schritt bewogen. Der Erhalt der Altstädter Bücherstuben sowie die Arbeitsplatzsicherung waren mir wichtig. Aber auch selbst Entscheidungen zu treffen hinsichtlich Sortimentsgestaltung, Gestaltung der Räumlichkeiten, und auch die organisatorischen und buchhalterischen Arbeiten im Hintergrund waren Aspekte, die mich überzeugt haben, die Selbstständigkeit zu wagen.
Sie haben die Übernahme in der Pandemie gewagt, wie waren die Reaktionen der Kunden*innen?
Überaus positiv! Sie haben sich darüber gefreut, dass es weitergeht trotz so unsicherer und strapazierender Zeiten einer Pandemie. Zudem war ich unseren Stammkunden bereits bekannt und ein vertrautes Gesicht ist eine, denke ich, angenehme und für die Kunden schonende Übergabe. Weder Kunde noch Kolleginnen mussten sich groß an was „Neues“ gewöhnen oder kennen lernen. Natürlich verändert sich das Sortiment ein wenig und auch die Gestaltung wird sich meinem persönlichen Geschmack langfristig anpassen.
Wie sind die ersten Monate wirtschaftlich und emotional verlaufen?
Emotional waren die ersten Monate für mich eine Herausforderung. Durch die Doppelbelastung der Übernahme und der Abschlussprüfung zur Betriebswirtin musste ich in den ersten Monaten quasi nur funktionieren. Aber so sollte es ja nicht in der Regel sein. Zum Glück hatte ich auch gute Kolleginnen im Hintergrund, die meinen Ausfall in den Altstädter Bücherstuben aufgefangen und mich während dieser Zeit an allen Enden unterstützt haben.
Wirtschaftlich können wir uns auch nicht beklagen. Das erste halbe Jahr ist bei uns durchschnittlich verlaufen. Die ein oder andere Veranstaltung musste coronabedingt ausfallen, das waren so kurzfristige Probleme, die aber zu bewältigen waren. Das Schulbuchgeschäft läuft ebenfalls bei uns an, aber das große Weihnachtsgeschäft, und somit für uns ausschlaggebende Umsatzsummen, stehen noch nicht fest …
Haben Sie in der Gründungsphase Beratungs- / Schulungsangebote oder externe Hilfe in Anspruch genommen?
Durch die Betriebswirtinnen-Ausbildung habe ich vieles schon mitbekommen und konnte es somit nun auch praktisch an der Planung der Übernahme und Businessplanerstellung anwenden. Das hat auch Spaß gemacht, da man Gelerntes nun in der Praxis erproben konnte.
Viele Formalitäten, wie zum Beispiel ein Businessplan aufgebaut sein sollte u.Ä. konnte ich mit Hilfe der Gründerplattform erarbeiten. Diese bietet einfache Vorlagen und Tutorials an. Diese sind praktisch und schnell anwendbar. Mein Hausbank-Berater war mir zudem ein hilfreicher Ansprechpartner in verschiedensten Fragen bezüglich Darstellung von Zahlen und Szenarien.
Barsortimente bieten ebenfalls gute Beratungs-Angebote und Workshops für Käufer/Verkäufer an. Diese sind oft persönlicher und man hat oft direkte Ansprechpersonen, was das Erarbeiten von Plänen erleichtert. Ein weiteres Angebot, welches ich in Anspruch genommen habe, war ein Gespräch mit der IHK Osnabrück. Diese haben ausgezeichnete Broschüren für Kaufinteressierte. Anhand dieses Infomaterials lässt sich ebenfalls schon einiges an Fragen klären.
Haben Sie einen Rat an gründungs- oder übernahmewillige Kolleg*innen?
Ich denke für eine Übernahme sollte immer erst im eigenen Kollegium/Mitarbeiterkreis erfragt werden, ob sich jemand oder ggfs. zu zweit dies zutraut. So eine Aufgabe kann man auch im Team bewältigen. Auf der anderen Seite sollte man nicht naiv ein Geschäft übernehmen, nur weil man bereits Jahre in dieser Buchhandlung arbeitet. Die harten Fakten und Zahlen müssen auch stimmen. Wie ist die Kundenstruktur meiner Stadt/ meines Standortes aufgebaut? Ist der Standort langfristig tragbar bzw. anmietbar? Welche Risiken und welche Chancen birgt die Übernahme? Und dann müssen natürlich auch die Zahlen passen. Wenn das alles guten Gewissens abgehakt werden kann und man bereit ist, bisschen mehr Nerven und Freizeit in die Arbeit zu stecken, dann sollte man das Risiko wagen. Denn so wie Kästner schon sagte: Wirds besser? Wirds schlimmer? fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich!?