Inspiration – damit fängt die Geschichte an!

Zum 1. Januar 2020 hat Katinka Richter die Buchhandlung in Wittstock an der Dosse von der Buchhandlung Steffen übernommen und führt diese nun als BücherQuelle weiter. Fabian Thomas, Landesverband Berlin-Brandenburg, hat mit ihr über ihre Motivation, Inspiration und Erfahrungsschätze aus der Gründungsphase gesprochen.

Eine Buchhandlung zu übernehmen – das macht man nicht mal eben so. Was hat Sie zu der Entscheidung gebracht, dies zu tun, und wie sind Sie auf Wittstock gestoßen?

Ich bin gebürtige Hamburgerin, und nach Stationen in Berlin und Potsdam lebe ich nun schon seit 2012 in der Prignitz. Zum Buchhandel bin ich als Quereinsteigerin gekommen: Nach meiner Elternzeit habe ich mit dem Gedanken gespielt, mich selbstständig zu machen. Erst war die Überlegung da, vor Ort ein Business Coaching in Verbindung mit einem Café anzubieten. Dann kam ich mit den Inhabern der Buchhandlung Steffen ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass sie ihre Buchhandlung in Wittstock verkaufen wollen. Da dachte ich: Das will ich machen! Unternehmerische Erfahrung habe ich schon in meiner Zeit als Geschäftsführerin einer Genossenschaft für Bio-Lebensmittel gesammelt und dort auch den Einzelhandel kennen gelernt, darüber hinaus habe ich in einem Kulturcafé auf einem Biobauernhof gearbeitet. Also schaute ich mir die Zahlen an, habe keine Risiken entdeckt und beschlossen, die Buchhandlung zu übernehmen. Wittstock ist eine kleine, aber sehr lebendige Stadt in Brandenburg, trotzdem gibt es auch hier viel Leerstand. Eine Buchhandlung mit Café war meine ideale Vorstellung von einem nachhaltigen und auch für das soziale Leben vor Ort wichtigen Projekt, das ich gerne verwirklichen wollte.

Haben Sie externe Beratung und finanzielle Förderangebote in Anspruch genommen, und wenn ja, welche?

Hier gab es drei Bausteine: Eine Betriebsberatung beim Businessplan, finanziert und vermittelt durch den Lotsendienst der REG in Neuruppin; da bin ich übrigens auch in einem Video mit der Buchhandlung zu sehen! Dann KfW-Startgeld über meine Hausbank sowie BAFA Unternehmensberatung; hier habe ich insgesamt zwei Förderanträge gestellt und werde jetzt in der neuen Förderperiode einen weiteren stellen.

Wie viel Zeit haben Sie in die Neugestaltung des Ladens investiert?

Die Buchhandlung in Wittstock hat eine lange Tradition: Zehn Jahre lang war sie eine Filiale der Buchhandlung Steffen, die Einrichtung war sogar noch von 1992, die gesamte Ladenfläche umfasst etwa 81 m². Also habe ich bis auf die Decke alles erneuert: Verkaufstresen, Regale, Fußboden, Teppich, alte Spanplattenmöbel kamen raus. Auch das Raumkonzept war nicht mehr zeitgemäß. Hier habe ich mit meiner befreundeten Innenarchitektin Julia Stone ein neues Konzept entwickelt, das auf Echtholzparkett, neue ökologisch-nachhaltige Möbel vom Tischler und eine neue Raumaufteilung – inklusive Café – setzt. Den Tresen habe ich zusammen mit meinem befreundeten Zimmermann Thomas Lau selbst gebaut. Insgesamt hat die Planungsphase vier Monate in Anspruch genommen, noch einmal vier Monate habe ich in die Umsetzung investiert. 

Geholfen hat auch, dass ich bei der Erstellung des Konzepts meine Zielgruppe genau definiert und mich dabei auf das Limbic-Modell bezogen habe, also bestimmte Farben, Möbel und Formen verwende. In diesem Zusammenhang bin ich übrigens sehr begeistert vom neuen Lesemotive-Standard im VLB, der ja auf ähnliche Erfahrungen zurückgeht!

Mein sozialer Anspruch war aber auch in dieser Phase schon: Ich möchte meine potenziellen Kunden möglichst früh miteinbeziehen. Ich habe daher eine Umfrage gestartet und alle Wittstocker*innen in die örtliche Bibliothek eingeladen, um ein Gespräch darüber führen, was sie sich eigentlich von ihrer Buchhandlung wünschen. Ein ganz wichtiges Bedürfnis, das dabei zur Sprache kam, war Inspiration – und damit fängt die Geschichte an!

Was unterscheidet das Geschäft im Norden Brandenburgs von dem einer Kiezbuchhandlung in Berlin?

In den Sommermonaten haben wir einige Touristen: Wittstock ist eine sehr schöne Mittelalterstadt und hat beispielsweise eine fast komplett erhaltene Stadtmauer. Viele kommen da natürlich zu uns und hoffen auf touristisches Material – perfekt passt da auch das Café. Ansonsten unterscheidet uns eigentlich nicht viel von einer typischen Kiezbuchhandlung, nur sind wir eben die einzigen vor Ort. Daher versuche ich ein möglichst breites Sortiment anzubieten, also jede Warengruppe, aber in überschaubarem Umfang. Das Ziel ist, dass das Bedürfnis der Kunden nach Inspiration gedeckt wird.

Ich arbeite auch sehr gut mit unserer Lokalzeitung zusammen und bin auf Social Media aktiv, was inzwischen richtig gut läuft. In Planung habe ich gerade ein neues Veranstaltungsformat, bei dem Wittstocker*innen eingeladen werden sollen, ihr Lieblingsbuch vorzustellen. Außerdem werden wir am 22. Februar das erste Mal eine Online-Lesung auf Facebook durchführen, auf der die Autorin Silke Huber, die auch aus Wittstock kommt, ihr Kinderbuch „Lilu und ihr neuer Freund“ vorstellen wird.

Womit hatten Sie nicht gerechnet? Was hat Sie überrascht?

Was mich am meisten beeindruckt hat, ist, wie ich durch die Buchhandlung Wittstock ganz neu kennen lerne, und auch, wie gut die Kunden auf uns reagieren. Es war eine regelrechte Sehnsucht nach einer schönen, neuen Buchhandlung spürbar. Ich bin auch immer wieder überrascht, welche unterschiedlichen Themen die Menschen interessieren, und auch, welche Gemeinsamkeiten es gibt – selbst wenn sich die Kunden untereinander gar nicht kennen! Hier ist es mein Wunsch, Austausch zu ermöglichen und Gespräche in Gang zu setzen – und das ist die beste Motivation.

Was würden Sie anderen Gründer*innen gerne mit auf den Weg geben?

Das Wichtigste ist aus meiner Sicht ein klares Konzept und eine Strategie. Man sollte versuchen, sich die Zielgruppe so genau wie möglich vorzustellen: Für wen mache ich das? Das bestimmt jede Entscheidung, von der Wandfarbe zum Material der Möbel, zur Sortimentsgestaltung, zur Präsentation, zur Mitarbeiterauswahl. Und dass muss man dann auch im Auge behalten: Was ist unser Ziel, warum machen wir das eigentlich?

Dann: Alle Beratungsstellen und Fördermöglichkeiten nutzen, die es gibt – auch wenn man glaubt, schon viel Erfahrung zu haben, findet man doch immer wieder etwas Neues heraus.

Und zuletzt: positiv bleiben – bei jeder Gründung gibt es Aufs und Abs, aber wenn man nicht das Ziel aus den Augen verliert, kann eigentlich nichts schiefgehen. Falls jemand gerade mit dem Gedanken spielt, selbst eine Buchhandlung zu gründen und sich austauschen möchte, stehe ich gerne für ein Gespräch zur Verfügung!

BücherQuelle | Buchhandlung Wittstock
Inh. Katinka Richter
Gröperstraße 1
16909 Wittstock

Telefon: (03394) 43 35 71

Webseite/Onlineshop: buchhandlung-wittstock.de
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