Blogbeitrag Nachwuchsblog

Lesen ist nicht gleich Lesen

Ein Essay zum Thema "Lesen". - Die kommende Woche findet die Buchmesse in Frankfurt statt. Dort wollen wir das Lesen feiern. Hier ein kleiner Beitrag über die Frage wie wir zu Leser*innen werden, der vor Jahren für das Nachwuchsparlament verfasst wurde.
Erstellt am 12.10.2022


 

In meinem Zimmer hängt seit jeher eine Einkaufstasche aus Stoff aus einer Buchhandlung in Dortmund mit der Aufschrift: „Lesen Sie doch Bücher! Einige von ihnen wurden speziell dafür geschrieben.“ Lesen: Für die einen die natürlichste Sache der Welt, für die anderen womöglich eine Sache der Unmöglichkeit.

Wohin man auch blickt, Buchstaben und Wörter sind überall um uns herum. Ob nun Werbe- oder Wahlplakate, Schilder auf der Autobahn oder bei einer Demonstration, Schlagzeilen und Nachrichten online oder in der Zeitung, Tweets, Posts, Kommentare, aber auch Verträge, Warnhinweise, Artikel, Essays, Bücher und immer so weiter. Ohne die Fähigkeit zu lesen, fehlt ein essentieller Bestandteil unserer Orientierung in der Gesellschaft. Dieser Aussage können auch gelangweilte Schüler*innen oder stereotype Nichtleser nicht viel entgegensetzen. In der Grundschule haben wir gesungen: „Alle Kinder lernen lesen.“ Es war ein Schock als ich feststellen musste, dass das gar nicht stimmt. In Deutschland haben wir also das Glück, das Privileg, in der Schule lesen zu lernen. Aber stimmt das tatsächlich? In der Schule erwirbt man für gewöhnlich die Fähigkeit, Buchstaben zu Wörtern zusammenzufügen und im Idealfall sogar Sätze zu verstehen. Damit aber noch nicht genug. Nachdem man sich im Deutschunterricht durch Grammatik und Rechtschreibung gekämpft hat, kommt die nächste Hürde: Das Lesen von Büchern.

Als Vielleser ist es oft schwierig sich in diejenigen hineinzuversetzen, die nicht lesen. Wer gerne und viel liest, kennt das Gefühl des Abtauchens, das Fließen der Buchstaben, der Seiten. Das Gefühl von: Schon 2 Uhr morgens? Wie ist das passiert? Wir sind die Marathonläufer unter den Lesern. Nun stellen Sie sich mal vor, Sie müssten jetzt einen Marathon laufen. Für einige wohl unmöglich.

So wird es wohl Schüler*innen oder Nichtlesern gehen, wenn man das erste Buch vor ihnen auf den Tisch legt und sagt: „Lies das einfach.“ Unmöglich?

Mein Vater hat mir mal erzählt wie er zum Lesen kam. Mit 11 hat er zu Weihachten einen Abenteuer Roman geschenkt bekommen. Ein Jahr später sollte der zweite Band folgen. Am Anfang hat er, anstatt die Sätze zu verstehen, die Wörter gezählt, die er gelesen hat. 5 geschafft. 10. 20! Dann hat er die Zeit gestoppt, um herauszufinden wie lange er zum Lesen einer Seite braucht und ausgerechnet wie lange er für das gesamte Buch brauchen würde. Mit der darauffolgenden Zahl im Kopf, hat er erstmal die nächsten drei Tage gar nicht mehr gelesen. Aber was sollte dann aus den Helden werden? Wer gewinnt den Kampf, wenn man nicht weiterliest? Wer rettet denn nun unsere Heldinnen und Helden, wenn nicht wir, als Leserinnen und Leser? So musste mein Vater also weiterlesen, um seine Helden zu retten. Nach dem ersten Buch war klar, beim Lesen war auch er ein Held und so kamen in den nächsten Jahren immer neue Bücher hinzu. Mein Vater hatte Glück, dass ihm damals jemand dieses erste Buch auf den Tisch gelegt hat. Ich hatte Glück, dass ich damals Tintenherz geschenkt bekommen habe. Wenn wir einen Einstieg, wenn wir dieses erste Buch finden, werden wir automatisch zu Leser*innen. Alles was wir brauchen ist das richtige Buch eine Person, die vorgeht.

Jemand, der uns sagt: „Erste Seite, erstes Wort, links oben, dann das Wort rechts daneben und immer so weiter.“ Schritt für Schritt. Vielleicht wird es kein Marathon, sondern ein Spaziergang. Das ist ok. Die Notwendigkeit, die Relevanz, die Kompetenz, das Lernen, das Verstehen, das kritische Denken, die Empathie, der Austausch – all diese Dinge, mit denen wir die Bedeutung des Lesens für unsere Gesellschaft erklären, kommen danach.

Die kommende Woche findet die Buchmesse in Frankfurt statt. Dort wollen wir das Lesen feiern. Ich weiß noch als ich als Kind zum ersten Mal auf der Buchmesse war, hatte ich am Abend Kopfschmerzen, weil ich mir alles anschauen wollte. Ich wollte jeden Titel lesen, jeden Stand sehen, jedes Buch in die Hand nehmen. Man könnte sagen, ich bin keine geborene Marathonleserin. Aber seit dem Tag habe ich nie aufgehört zu lesen und werde es auch mein Leben lang nicht tun. Unterwegs hoffe ich viele weitere Menschen auch zum Lesen zu motivieren.

Von Mona Kammer


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