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Unser Buch des Monats April: »Yellowface« von Rebecca F. Kuang

Das Buch, das die ganze Literaturbranche gefesselt hat!Wie weit würdest du gehen, um Bestseller-Autor:in zu werden? Diese Frage muss sich die Protagonistin June Hayward in Kuangs neuem Roman »Yellowface« stellen.
Erstellt am 27.04.2024


Rezension von Bianca Münch

Während sich Junes Debütroman mehr schlecht als recht verkauft, ihr Agent und ihr Verlag sie kaum beachten und sie nebenbei einen weiteren Job annehmen muss, um ihre Rechnungen bezahlen zu können, scheint bei ihrer Freundin Athena Liu alles perfekt zu laufen. Athena veröffentlicht einen Bestseller nach dem anderen, wird in der Literaturszene sowie bei den Leser:innen gefeiert und lebt in einem luxuriösen Penthouse. Kurz: Sie ist jung, schön, beliebt und kann mehr als gut vom Schreiben leben. Athena erreicht also scheinbar mühelos alles, wovon June immer geträumt hat.

Als Athena dann aber durch einen Unfall in ihrem Apartment ums Leben kommt, sieht die anwesende June endlich ihre Chance gekommen und stiehlt das gerade vollendete Manuskript von Athenas neuem Roman. Sie überarbeitet es nach ihren Vorstellungen und veröffentlicht es kurzerhand unter ihrem neuen Pseudonym, Juniper Song, als ihr eigenes Werk. Ihr Handeln rechtfertigt sie vor sich selbst damit, dass dieser Roman ein wichtiger Teil der Geschichte der chinesischen Arbeiter im Ersten Weltkrieg sei und deshalb verdiene, veröffentlicht zu werden – egal von wem. Wieso also nicht von ihr? Schließlich war sie Athenas Freundin und hat viel Zeit und Arbeit in die Überarbeitung der „Rohfassung“ gesteckt. Und wenn sie dadurch endlich die lange überfällige Anerkennung bekommt, die sie sich so sehnsüchtig wünscht? Umso besser! Aber wie weit ist June bereit zu gehen, um dieses Geheimnis zu wahren?

Selten war eine Protagonistin so unsympathisch, unreflektiert und egoistisch.  Trotzdem schafft sie es, dass man sich als Leser:in immer wieder dabei erwischt, wie man mit ihr mitfiebert, bangt und auf einen Sinneswandel hofft, obwohl man über ihre Handlungen zum größten Teil nur den Kopf schütteln kann.

Kuang hat es in diesem kurzweiligen Roman geschafft, Satire und Gesellschaftskritik mit Mystery- und Thriller-Elementen zu einem einzigartigen literarischen Meisterwerk zu verweben, das den Leser von Beginn an mitreißt, durchrüttelt und zum Nachdenken anregt und am Ende mit einem veränderten Blick und jeder Menge Denkanstöße wieder ausspuckt. »Yellowface« ist einer dieser Texte, die noch Wochen und Monate nach der Lektüre in den Gedanken nachhallen und es ermöglichen, eigene Denkmuster und Verhaltensweisen aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Wer darf / sollte eine Geschichte erzählen? Wer entscheidet über den nächsten Bestseller? Und: Ist der Literaturbetrieb wirklich so offen, modern und divers, wie er sich gerne präsentiert?

Kulturelle Aneignung, Rassismus, Sexismus, Cancel-Culture und Cyber Mobbing sowie die Hintergründe und Abgründe des Literaturbetriebs, in dem es eben nicht alle an die Spitze des „Literaturhimmels“ schaffen (können): All das und mehr verpackt Kuang schonungslos, überspitzt, aber mit einer großen Portion Humor und bitterböser Satire in diesen so wichtigen, aktuellen Roman, den jeder innerhalb, aber auch außerhalb der Literaturbranche einmal gelesen haben sollte!

Rebecca F. Kuang - »Yellowface«, Roman, aus dem Amerikanischen übersetzt von Jasmin Humburg

Eichborn Verlag, Februar 2024, 384 Seiten, 24,00 €, 978-3-8479-0162-4

 


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