Unser Buch des Monats Mai: »Gewässer im Ziplock« von Dana Vowinckel

© Suhrkamp

Rezension von Mona Kammer

 

Wer sich beim Lesen des Titels kurz gefragt hat, wo sich das Ziplock geographisch wohl befinden könnte, ist damit nicht allein. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch keinesfalls um eine Seenplatte oder ein Flusstal. Ein Ziplock ist der Verschluss, den man von Beuteln kennt, in denen am Flughafen die Flüssigkeiten verschlossen werden. 

Dana Vowinckels Roman beinhaltet viele Reisen: die Protagonistin muss von Berlin nach Chicago, um ihre Großeltern zu besuchen, dann weiter nach Jerusalem, um ihrer „Rabenmutter“ gegenüberzutreten, zu der sie praktisch ihre gesamte Kindheit lang kein Verhältnis hatte. Aber mit 15 ist es nicht leicht eigene Entscheidungen zu treffen, vor allem, wenn sich die Erwachsenen von allen Seiten einmischen, oder? Der Roman wird abwechselnd von der 15-jährigen Margarita und ihrem Vater, Cantor einer jüdischen Gemeinde Berlins, erzählt. Die Perspektivwechsel sind einfühlsam, auf der einen Seite die Pubertät und alles, was sie mit sich bringt, auf der anderen Seite der alleinerziehende Vater, der sich nur das beste für seine störrische und starke Tochter wünscht. Beide sind hin- und hergerissen zwischen Verpflichtung, Tradition, Zugehörigkeit, Zuhause und Familie.

Man möchte Margarita zwar abwechselnd schütteln und umarmen, aber kann auch miterleben, wie sie ihren Weg findet. Durch Streit und Schmerz und über mehrere Ländergrenzen hinweg wird die Familiengeschichte Schritt um Schritt erzählt und verwoben. 

Ein Roman für mehr Verständnis für einander. Geschickt und liebevoll schafftt Vowinckel es, die Familienstruktur, jüdische Tradition und deutsche Erinnerung zu verbinden. 

 

Dana Vowinckel – »Gewässer im Ziplock«, Roman

Suhrkamp nova Verlag, August 2023, 362 Seiten, 978-3-518-47360-3