Blogbeitrag Nachwuchsblog

Zu Besuch auf der Internationalen Kinderbuchmesse in Bologna

Sechs Studentinnen der Buchwissenschaft Mainz besuchten die 60. Bologna Children’s Book Fair vom 06. bis 09. März. Was sie dort erlebten und warum die Messe ein Highlight für die Buchbranche ist, erfahrt ihr hier.
Erstellt am 10.05.2023


Ein Gastbeitrag von Leonie Wagner

Jedes Jahr begeistern die Buchmessen in Frankfurt und Leipzig auch viele von uns Nachwuchskräften und laden zu vielen Gesprächen rund um die Branche und deren Zukunft ein. Doch für den Schwerpunkt Kinder- und Jugendbuch ist die BCBF seit 60 Jahren die wichtigste Anlaufstelle. Ich heiße Leonie und heute erzähle ich als Teilnehmerin des Nachwuchsparlamentes und selbst Nachwuchskraft in diesem Gastbeitrag von meinem Besuch auf der Messe.

Seit fast vier Jahren studiere ich den Gemeinschaftsstudiengang Kinder- und Jugendliteratur- und Buchwissenschaft an den Unis Frankfurt und Mainz, welcher einen besonderen Schwerpunkt auf die Kinderbuchbranche und die daran anknüpfende Verlagslandschaft legt. Immer wieder fließen praktische Elemente mit ins Studium ein – so ergab sich durch die Uni Mainz der Besuch der diesjährigen BCBF. Zusammen mit drei Dozent*innen der Buchwissenschaft und fünf anderen Studentinnen packte ich Anfang März meine Sachen – im Gepäck hatten wir große Vorfreude und gute Laufschuhe, um den langen Messetagen standzuhalten.

Eine Milliarde Farben

Gleich nach unserer Ankunft in Bologna fuhren wir zur Messe und stürzten uns ins Geschehen. Die CBFB ist zwar wesentlich kleiner als die Frankfurter Buchmesse, dafür aber um ein Vielfaches bunter. Gerade wegen des Schwerpunktes vieler Kinder- und Jugendbücher auf das gemalte Bild, wurden besonders viele Flächen für Illustrator*innen geschaffen, wodurch die Messe von Farben, Bildern und Zeichnungen strotze und einfach viel Leben versprühte. Wir entdeckten beim Herumlaufen die schönsten Messestände, vom Taiwanesischen Buchmarkt bis zu afrikanischen Verlagen, von Pettersson und Findus bis zum Winx Club waren alle vertreten. Vieles lies unsere Buch-Herzen höher schlagen und einige echte Fangirl-Momente ergaben sich beim Foto mit Axel Scheffler, dem Autor des Grüffelos. Ein besonders liebevolles Detail der Messe: Überall gab es kleine Ecken und Ausstellungen, an denen man Bücher oder Illustrationen länger betrachten konnte und zum Innehalten eingeladen wurde. Am deutschen Gemeinschaftsstand, an welchem viele deutsche Kinderbuchverlage und unter anderem auch die Frankfurter Buchmesse vertreten sind, wurden wir auch sehr herzlich aufgenommen und durften uns zur Standparty mit Sekt und Häppchen gesellen.
Aber für uns gab es auch ein bisschen Arbeit, da wir durch erstellte Inhalte auf Social-Media-Kanälen mehr Interesse und Neugier für unseren Studiengang und die Buchbranche wecken wollten; denn die Zahlen an den Unis und in Ausbildungsbetrieben rund ums Buch gehen langsam zurück. Daher machten wir uns, ausgestattet mit neuem Instagram- und TikTok Account für die Mainzer Buchwissenschaft, daran, Veranstaltungen zu besuchen, Trends und Themen ausfindig zu machen und allerlei Buchmenschen zum Interview zu bitten.

Buchmenschen aus Mainz und Anderswo

Die CBFB ist im Gegensatz zu den deutschen Messen eine reine Fachmesse. Das bedeutet, dass die Besucher*innen überwiegend in der Branche arbeiten und die Messe als Ort für den Lizenzhandel und zum Netzwerken nutzen. Für unseren Einblick in die Arbeit rund ums Kinderbuch war das optimal, so hatten wir schnell viele Expert*innen für unsere Interviews zusammen. Alle Teilnehmenden (viele hatten wir schon im Vorfeld der Messe angefragt), waren sehr nett und nahmen sich trotz vollem Terminkalender Zeit für unsere Fragen. Wir konnten mit vielen Menschen ins Gespräch kommen und so ein breites Spektrum der Verlagslandschaft vorstellen. Darunter waren auch die Arbeit einer Literaturagentin, eine Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen und der Arbeitskreis für Jugendliteratur, welcher jedes Jahr den Deutschen Jugendliteraturpreis verleiht. Für unsere Dozent*innen war es ein gelungenes Wiedersehen, denn unter unseren Interviewpartner*innen tummelten sich viele Alumni der Uni Mainz. Auch Bekannte von den Jungen Verlags- und Medienmenschen trafen wir – Netzwerken klappte also schon mal.
Ein Highlight war das Gespräch mit Christine Paxmann vom Eselsohr, welche mit uns über die besondere Arbeit beim Lektorieren von Illustrationen und die Notwendigkeit von mehr praxisbezogenen Ansätzen während des Studiums sprach. Wir fragten die Expert*innen, was ihre Tipps für den Nachwuchs der Kinderbuchbranche seien und viele ermutigten uns, beharrlich dran zu bleiben – auch wenn der Einstieg manchmal schwierig ist. Außerdem sollte man möglichst viel Leidenschaft und Offenheit mitbringen und die Bereitschaft, in verschiedenen Bereichen der Verlagsarbeit erst einmal einzusteigen. Und gerne nehmen wir auch den Tipp von Dagmar Hoppe von der Edition Michael Fischer mit: Optimaler Weise ein Volontariat machen – aber nicht unbezahlt und nicht zu lang.

Trends und Themen

Natürlich fragten wir auch nach neuen Trends und besonders stachen die vielen Neuerscheinungen des New Adult Segments im Jugendbuchbereich und die starke Konzentration der bunt bebilderten Kinderbücher hervor. Die CBFB selbst hielt viele Veranstaltungen zum Thema künstliche Intelligenz ab, aber auch die sozial-gesellschaftlichen Thematiken kamen nicht zu kurz. Viele Events und Podiumsdiskussionen  beschäftigten sich mit der Lage in der Ukraine und der schwierigen Arbeitssituation für Verlage, Autor*innen und Illustrator*innen. Hier wurde auch das Gemeinschaftsprojekt der Europäischen Verlegervereinigung (FEP) vorgestellt: „Tales of EUkraine“ fördert ukrainische Verlage, indem es europäischen Kinderbuchverlagen den Erwerb der Rechte und die Produktion der Bücher bilingual ermöglicht, um geflohenen Kindern ein Stück Heimat und Geborgenheit wieder zu geben. Die Fördergelder stammen aus der EU, Ziel sollen über 300.000 verteilte Bücher sein. Auf der Messe wurde auch eine  Ausstellung ukrainischer Illustrator*innen vorgestellt, welche den Krieg in ihrer Heimat im Kinderbuchstil veranschaulichten, während das Ukrainian Book Institute selbstgemalte Bilder von ukrainischen Kindern zu dem Titel „Mom, I See War“ zeigte.
Am 08. März wurde außerdem der Internationale Frauentag gewürdigt: Auf der Podiumsbühne der Vereinigung von PublisHer (ins Leben gerufen durch die Women in Publishing) kamen weibliche Führungskräfte der Buch- und Medienbranche zusammen, anschließend gab es noch ein großes Networking-Frühstück und die Ausstellung von internationalen Kinderbüchern über berühmte Frauen der Geschichte wurde vorgestellt.

Müdigkeit und Bolognese

So vergingen die Messetage schneller als gedacht und trotz guter Laufschuhe taten uns am letzten Messetag ganz schön die Füße weh. Wir nutzen die Zeit und machten einen Abstecher in die Altstadt, um uns auch die Universitätsstadt Bologna einmal genauer anzusehen. Auch hier spürt man die besondere Nähe zur Buchkultur und so fanden wir uns schnell in den schönsten italienischen Buchhandlungen wieder. Abends gab es für alle noch Pasta und dann hieß es schon wieder Koffer packen und mit all den Eindrücken und Erfahrungen wieder heimzureisen. Im Rückblick fällt es schwer, ein bestimmtes Highlight zu benennen, aber besonders die Herzlichkeit, mit der wir überall empfangen wurden, bestärkt mich, weiterhin im Feld der Kinder- und Jugendliteratur zu forschen und zu arbeiten. Allen mit Liebe zum Kinder- und Jugendbuch ist die Bologna Children’s Book Fair ans Herz zu legen – die Ausflüge über den Studiengang werden auch in Zukunft stattfinden.


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