Von der Buchrecherche bis zum Social-Media-Design: Drei KI-Anwendungen, die Sie kennen sollten
Eine innovative Suchmaschine für Echtzeit-Recherchen, leistungsstarke Unterstützung bei der Textgenerierung und ein Bildgenerator, der visuelle Konzepte erstellt: KI-Anwendungen im Praxistest | Ein Gastbeitrag von Katja Krause
Erstellt am 01.12.2024
Generative KI hat die Buchbranche erreicht – und das ist eine ausgesprochen gute Nachricht. Als KI-Beraterin für Verlage und Autor*innen erlebe ich täglich, wie die Nutzung der richtigen Werkzeuge Arbeitsprozesse nicht nur effizienter, sondern auch kreativer machen kann.
Und das Potenzial von KI-Tools können auch Buchhandlungen für sich nutzen: ob bei der Kundenberatung, der Gestaltung von ansprechenden Newslettern, beim Aufsetzen neuer Veranstaltungskonzepte oder dem (Wieder-)Gewinnen kaufträchtiger Kundengruppen, die aus dem Online-Geschäft zurück in den Buchhandel kehren sollen.
Drei KI-Tools haben sich dabei als besonders überzeugend erwiesen: Die KI-gestützte Suchmaschine Perplexity für Echtzeit-Recherche im Internet, das Sprachmodell Claude 3.5 Sonnet für kreative Textarbeit und der Bildgenerator Midjourney für überragende visuelle Ergebnisse.
Die Such- und Antwortmaschine Perplexity
Perplexity ist dabei eines meiner absoluten Lieblingstools. Anders als die "Black Box" ChatGPT, bei deren Antworten man nicht weiß, auf welchen Quellen die Antworten fußen, liefert Perplexity zu jeder Antwort bis zu 20 überprüfbare Quellenangaben. Der primäre Use Case ist deshalb das Fact-Checking. Zum einen für die tiefgehende Sachbuch-Recherche und dabei das Überprüfen von Inhalten und Quellen. Zum anderen kann Perplexity auch in der Belletristik bei der Ausarbeitung von Plotideen, Handlungssträngen und Schauplätzen helfen.
Selbst bei der Konkurrenztitelanalyse kann sie die eigene Arbeit ergänzen oder, falls nötig, ganze Social-Media-Strategien entwerfen. Oder stellen Sie sich einmal das Worst Case Szenario vor, mal eben eine Moderation übernehmen zu müssen, weil der eigentliche Moderator erkrankt ist. Wie erleichternd ist es da, Perplexity an der Seite zu haben, das ruckzuck eine Recherche zu Autor*in und Veranstaltern zusammenstellt und damit die Situation rettet.
Bei Perplexity ist nicht nur ein Suchfokus einstellbar, man kann zudem seine Chats benennen, in Ordner legen und sich damit ein eigenes kleines CRM (Customer Relationship Management) schaffen. Eine tolle Funktion ist auch, in der Pro-Version zwischen verschiedenen Large Language Models wechseln und damit seine Ergebnisse umschreiben lassen zu können.
Claude 3.5 Sonnet: Der Sprachzauberer
Mindestens ebenso beeindruckend ist Claude 3.5 Sonnet, das derzeit beste Sprachmodell des amerikanischen Unternehmens Anthropic. Seit seinem Europa-Launch Ende Juni 2024 setzt es in der kreativen Textarbeit neue Maßstäbe und hat in Bezug auf natürlich klingende Sprache aus meiner Sicht ChatGPT 4o bereits überholt. Was dieses Tool besonders macht, ist seine Fähigkeit, wirklich intelligente, humorvolle, unvorhersehbare Texte zu produzieren. Selbst erfahrene Autor*innen und Lektor*innen sind überrascht, mit welchen durchdachten Plot-Vorschlägen, lebendigen Charakterbeschreibungen und Dialog-Ideen das Tool aufwartet.
Claude reagiert sensibel und sicher auf feinste Prompts. Es ist damit ein idealer Partner, um im raschen Pingpong zwischen Mensch und Maschine überzeugende Texte zu produzieren. Ich kann es auch wärmstens für die Erstellung von Marketing-, Presse- und Ankündigungstexten empfehlen. Und was Claude binnen Sekunden an Titelvorschlägen für ein Buch anbietet, können selbst ausgebuffte Marketingmanager*innen nicht besser. Jedoch ist es dafür nötig, sich getreu des Mottos „Kill your Darlings“ von der Idee zu verabschieden, dass nur wir Menschen die besten Gebrauchstexte schreiben können.
Midjourney – der Bildgenerator mit dem Wow-Effekt
Als drittes KI-Werkzeug empfehle ich den Bildgenerator Midjourney. Natürlich gibt es auch andere großartige, bildgenerierende Tools wie Ideogram oder Flux. Doch trotz der wachsenden Konkurrenz ist immer noch Midjourney für viele das Tool der Wahl. Innerhalb weniger Sekunden erstellt Midjourney beeindruckende Bilder. Es ist in der Verlagswelt daher vielseitig einsetzbar - für das Verschönern von Präsentationen, die Erstellung von Social-Media-Content oder gar Coverentwürfen.
Dabei ist die Erstellung finaler Cover vielerorts ein kontrovers diskutiertes Thema. Auch wenn man sich dafür entscheidet, keine KI-generierten Cover einzusetzen oder urheberrechtliche Bedenken überwiegen, kann Midjourney dafür genutzt werden, erste visuelle Konzepte zu entwickeln, die dann professionellen Grafiker*innen zur Verfügung gestellt werden. Obwohl es in der Zusammenarbeit mit Grafiker*innen diesbezüglich noch ruckelt – je nachdem, wie offen jene für die KI-Methoden sind – kann doch gerade diese neue Verbindung, in der KI-Bilder auf langjährige Grafikexpertise treffen, besonders kreative Ergebnisse zeitigen.
Quo Vadis Buchbranche?
Die rasante Entwicklung der KI-Tools wird die Buchbranche tiefgreifend verändern. Augenblicklich stehen wir noch am Anfang dieser spannenden, aber auch herausfordernden Entwicklung. Und vielerorts überwiegen Bedenken und die Angst vor Arbeitsplatzverlust. Doch hilft es nicht, jetzt den Kopf in den Sand zu stecken und zu hoffen, dass die Entwicklung irgendwie an uns vorbeiziehen wird. KI ist gekommen, um zu bleiben. Und wir sind gut beraten, uns mit ihr auseinanderzusetzen – je eher, desto besser.
Wenn wir wirklich nervtötende Aufgaben an KI delegieren, gewinnen wir dadurch wieder Zeit für das Wesentliche: die Arbeit mit Menschen – mit Autor*innen, Agent*innen, Veranstalter*innen, Buchhändler*innen und natürlich auch mit unseren Kund*innen. Denn wenn wir ehrlich sind, haben wir in den letzten Jahren vor lauter Change-Management, unendlichen Sitzungen, Manuskriptbergen und schwieriger werdenden Kalkulationen die schöne Gleichung Verlag+Autor*in+ Buchhandlung=LOVE ein bisschen aus dem Auge verloren. Und vielleicht hilft uns KI dabei, sie wieder mehr zu ehren.
Dazu braucht es Mut, alle Prozesse im Verlagsalltag kühl darauf zu prüfen, ob nicht auch KI sie machen kann. Es bedarf KI-Schulungen in der Breite. Wichtig ist zu verstehen, dass jetzt schnelles Handeln und tiefgehende Einführung von KI-Anwendungen erforderlich sind.
Steigen Sie unbedingt ein in den rasenden KI-Zug. Machen Sie sich vertraut mit lohnenden KI-Anwendungen. Bestehen Sie auf Weiterbildung und Zeit, die neuen Fähigkeiten, zu erlernen. Gehen Sie lustvoll daran, die Finessen der Tools zu erkunden. Ich verspreche Ihnen, es macht Spaß. Und bald schon werden Sie sich nicht mehr vorstellen können, mal ohne KI ausgekommen zu sein.
Autorin: Katja Krause
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