Auftakt der Frankfurter Buchmesse: „Fest der Vielfalt, Debatte und Buchbegeisterung“
Eröffnung der Frankfurter Buchmesse 2024 / Stabile Umsätze, große Nachfrage nach Büchern gerade bei jungen Leser*innen / Bürokratieabbau, Bildungs- und Leseförderung sowie klare Regeln für KI gefordert
Erstellt am 15.10.2024
Ein Fest der Ideen, des Lesens und der Buchbegeisterung, der Vielfalt und der Debatte – das sei die Frankfurter Buchmesse, die morgen beginne, so Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels bei der Pressekonferenz zur Messe-Eröffnung. „Die Buchmesse ist eine Agora des dialektischen Austauschs in wechselseitigem Respekt, ein Ort, an dem unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, ohne aufeinanderzuprallen.“ Der konstruktive Meinungsaustausch sei angesichts zunehmender Polarisierung in der Gesellschaft von großer Bedeutung.
Die Buchbranche geht mit stabilen Umsätzen in die Buchmesse und den Bücherherbst. In den zentralen Vertriebswegen liegt das Geschäft nach neun Monaten mit einem Plus von 0,5 Prozent leicht über dem des Vorjahreszeitraums (Quelle: Media Control). Gerade die bei den jungen Menschen und bei #BookTok beliebten Genres New und Young Adult wachsen derzeit.
Karin Schmidt-Friderichs: „Bücher begeistern Menschen – und das sogar wieder mehr. Viele junge Leser*innen sind im absoluten Lesefieber. Sei es, weil sie in Geschichten ein- und abtauchen möchten, sei es, um Neues zu entdecken, sich Wissenswelten zu erschließen, sei es, um sich anhand sorgfältig recherchierter und klar formulierter Hintergrundinformationen eine eigene Meinung zu bilden oder diese zu überprüfen.“
Über diesen positiven Nachrichten sollten wir, so die Vorsteherin, allerdings nicht vergessen, dass jedes vierte Kind die Grundschule verlässt, ohne richtig lesen zu können. „Der Bildungsnotstand in unserem Land nimmt weiter zu. Und die Politik verschließt weitgehend die Augen davor. Dabei ist Lesekompetenz Grundlage für demokratische Teilhabe. Nur wer versteht, was in den Wahlprogrammen steht, also hinter die Kulisse markiger Wahlversprechen schaut, kann verantwortungsvoll wählen“, sagt Karin Schmidt-Friderichs.
Auch in Zeiten knapper Haushalte dürfe daher nicht an Bildung, an Kultur- und Leseförderung gespart werden. Neben wirksamen Initiativen zur Verbesserung der Lesefähigkeit sei die Fortführung des Kulturpasses für 18-Jährige wichtig, um auch künftig niedrigschwellige Zugänge zu Kultur und Literatur zu schaffen. Für die Meinungsbildung sei es ebenso unerlässlich, dass in Öffentlichkeit und Medien über kultur- und gesellschaftspolitische Fragen gesprochen werde. Es sei daher eine falsche Weichenstellung, wenn aktuell überlegt werde, die Kulturberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch weiter zu reduzieren.
Zudem weist Karin Schmidt-Friderichs auf eine bedenkliche Zunahme bürokratischer Hürden hin, die Buchhandlungen, Verlage und Buchlogistiker immer mehr lähmten. Angesichts wachsender Nachweis- und Berichtspflichten, z.B. zu Lieferketten, Produktsicherheit und Verpackungswegen, oder drastisch gestiegener Anforderungen und Bearbeitungszeiten im Steuerrecht fordert die Vorsteherin dringend einen Abbau von Bürokratie.
Ein zentrales Thema für die Branche ist zurzeit Künstliche Intelligenz. KI biete viele Chancen, auch für Verlage, Buchhandlungen und die Logistik. Karin Schmidt-Friderichs: „KI kann unterstützen und assistieren, kann Prozesse vereinfachen und kreative Impulse geben. Was sie – zumindest noch – nicht kann: Überraschende, irritierende, berührende, inspirierende Texte schreiben. Und was oft vergessen wird: Die Fähigkeiten dieser Systeme basieren auf dem größten Datenklau der Geschichte. Urheberrechtlich geschützte Texte und Bilder wurden und werden millionenfach ohne das Einverständnis der Urheber*innen und ohne Honorarzahlungen als Trainingsmaterial für KIs eingesetzt. Das geht so nicht! Wir brauchen klare Regeln. Das europäische KI-Gesetz, der AI-Act, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, viele Punkte sind aber noch offen.“